Karl-Heinz Köpcke / Tagesschau

Die Tagesschau ist keine Sendung, sondern pure Gewohnheit. Die kann man auch in Latein verlesen" (Ex-RTL-Chef Helmut Thoma, AZ). Die Stunde zwischen Siebediger Musik waren auch die folgenden Filmnachrichten unterlegt, ganz im Stil der alten Kino-Wochenschauen. Kein Zufall, logierte doch die kleine Tageschau-Truppe um Martin S. Svoboda anfangs als Untermieter im Keller der Hamburger "Neuen Deutschen Wochenschau". Wie im "Haus am Eaton und Acht galt in den Fünfzigern als "Stunde der Familie". Erst wenn die Kinder im Bett waren, sollte für die Eltern Zeit sein, Nachrichten zu schauen. (Jaedicke/Pleister, 1982). Seither scheucht das Sandmännchen die Kleinen um Sieben ins Bett, um Acht ruft die Tagesschaufanfare die Eltern zu den Nachrichten. Wehe, wer wagt, um diese Zeit mit einem Anruf zu stören. "Leinen los", die erste Titelmusik der Tagesschau, führte noch zackig-militärisch in den Fernsehabend. Mit schnein-Place" waren dort die Rollen verteilt: tonangebend die Herrschaften der renommierten Wochenschau in der Beletage, unterwürfig die Nobodies der Tagesschau. Aus den Arsenalen der Vermieter stammte schon das Material der Versuchssendungen ("Fernseh-Filmbericht" ab Januar 1952), wie die Berichte der ersten Tagesschau vom 26. Dezember 1952. Eigene Filmteams mußten unterwegs noch mit der Frage rechnen: "Was ist das, Tagesschau?". Auch Politiker drängten sich keineswegs vor die Kamera, reagierten störrisch auf das neue Medium. Bundestagspräsident Hermann Ehlers telegraphierte im Januar 1953 an Intendant Pleister: "sah eben Fernsehprogramm ... bedaure, daß Technik uns kein Mittel gibt, darauf zu schießen." Montags - mittwochs - freitags, der Zweitagesrhythmus der Tagesschau hatte einen Vorteil: jede Ausgabe wurde am nächsten Abend wiederholt.

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